Thema: Kulturflatrate Bundesverband Musikindustrie
Nun gibt es ein Positionspapier zur Kulturflatrate von Bundesverband Musikindustrie. Ob damit sachdienlich für unsere Kultur und die Kulturschaffenden gehandelt wird, kann getrost bezweifeln werden. Die Kulturflatrate wird als unfair bezeichnet, weil Verbraucher für etwas bezahlen, was sie gar nicht nutzen. Wie rücksichtsvoll, dann wollen die gleichen Damen und Herren sicher auch die Zwangsabgaben auf elektronische Geräte und Komponenten, Leer-CD's, Brenner, Handys, MP3-Player und PCs aufgeben oder die GEZ und/oder GEMA-Gebühr abschaffen. Natürlich nicht!Künstler müssen von Ihrer Arbeit leben können, das geht im Internetzeitalter nicht mehr über die Vertriebsmodelle und Strukturen der alten Musikindustrie. Immer mehr werbefinanzierte Portale, Radiostationen und unabhängige Musikdienste mit sehr innovativen Ideen werden von der alten Musikindustrie in den finanziellen Ruin geknebelt und nun machen die sich auch selbst noch tot. EMI soll nach jahrzehntelangen Managementfehlern vor dem finanziellen Aus stehen, nachdem immer mehr Künstler sich von EMI abgewendet haben. Kredite können nicht mehr bedient werden. Man hat alles verschlafen und nun will man den letzten Strohhalm auch noch versenken, bevor man einen Tropfen zum Überleben daraus gesaugt hat.
Anstatt in der Kulturflatrate auch eine Chance für die noch extrem schwach ausgelegten neuen digitalen Geschäftsmodelle zu sehen, werden wieder nur Gefahren gesehen, Chancen verpasst und viele unbeantwortete Fragen gesehen. Mit dieser Mannschaft kommen wir nicht in die digitale Zukunft! Die Kultur- und Kreativwirtschaft könnte mit Gesetzeshilfe neue befreiende digitale Geschäftsmodelle entwickeln, die attraktiver als die Kulturflatrate wären und mündige Konsumenten dürften wählen. Warum immer alles negativ sehen und nicht auch Chancen nutzen?Will man die Kultur in der Verbreitung behindern oder gar ganz kaputt machen? Wer immer alles nur kostenlos haben will, wäre sinnvollerweise mit einer Zwangsabgabe gut bestraft. Wir könnten tausende von Gerichten und Staatsanwälten, den kompletten Abmahnbetrieb und viel Bürokratie abbauen und gleichzeitig Künstlern wieder eine echte Ergänzung zu Ihren Direktangeboten bieten. Wer sich den unterschiedlichsten Geschäftsmodellen zuwendet, bezahlt statt Kulturflatrate eine Flatrate bei Napster oder Rhapsody, pro Song oder Album bei I-Tunes oder Emusic und kann auch weiterhin CDs von Amazon oder LPs vom Plattenladen nebenan erwerben. Wer Käufe nachweisen kann, wäre ganz oder teilweise von der Kulturflatrate befreit und die Umsätze würden explodieren. Will man das nicht?
Ob die Kalkulation mit 50 € monatlich aufgeht, ist schnell errechnet. Wer von jedem deutschen Bundesbürger 600 € haben will, erhält rund 50.000.000.000 €. Auf die ganze Welt hochgerechnet wären das 48.000.000.000.000 €. Sicher etwas zu hoch angesetzt, kommt aber auch aus der juristischen Ecke und die haben es nicht so mit Zahlen ;-). Jede Form von Wirtschaftskrise wäre überwunden und wir wären wieder ein Wirtschaftswunderland mit bezahlbarer Kultur. Milliarden Produktionen wären ohne kommerziellen Hintergrund einfach mit zu finanzieren. Kulturschaffende müssten jubeln, die alte Musikindustrie und der Verband zittern. In letzten Jahrzehnt ist der Gesamtumsatz der Branche um gut eine Milliarde auf 1,5 Milliarden gesunken. Sind da nicht 50 Milliarden viel verlockender und könnte man sich nicht bei den sozial Schwachen generös zeigen und die Flatrate verschenken? Da blieben doch noch einige Milliarden für andere Verbände ;-). Wäre nicht sogar eine Flatrate von 5 Euro nur für Musik möglich? Selbst 0,50 € würde den Umsatz der Branche noch um über 33% anheben! Sprechen da nur inkompetente Manager? Haben die kein funktionierendes Controlling? Wie lange wollen wir noch zusehen, wie sich sich eine wichtige Branche mit Fehleinschätzungen und falschen Bedenken selbst ruiniert? Oder wollen die einfach nur Ihren Content behalten und solange verstecken, bis Sie alle nicht profitablen Mitarbeiter und Künstler entsorgt haben, um dann ohne Lizenz-, Lohn- und Gehaltskosten auf den noch fetteren Zug aufspringen?
Man gibt zwar zu, dass sich die Erhebung der Kulturflatrate sehr einfach organisieren ließe, sieht aber einen gigantischen Verwaltungsaufwand in der Verteilung. Heerscharen von Verwaltern und Verteilern sollen die Kreativen verdrängen. Na wo leben die denn? Sicher noch nicht im Internetzeitalter, denn da erledigen solche Sachen intelligente Computer und Programme. Die Kreativen können sich wieder ganz auf Ihre Musik konzentrieren und die Bürokratie in der Musikwirtschaft wird auch gleich mit abgebaut. Man braucht nur noch Leute, die Kulturschaffende entdecken und fördern. Jene die bisher versagt haben werden sicherlich auch zukünftig nicht wichtiger und können bald ganz von der Bildfläche verschwinden.
Sicher wird sich der Trend der Kulturverflachung dann auch eher umkehren, als fortsetzen. Auch Künstler unterscheiden in kommerzielle und kulturelle Produktionen. Wer auf die Zahl der Downloads setzt, wird kommerziell denken und handeln. Wer das kulturelle Nischenprodukt will, investiert bewusst mehr in Zeit als in finanzielle Gegenleistungen. Wer nur gehört, gesehen oder gelesen werden will, holt sich den Verdienst nicht in Euro, sondern öffentlicher Kritik, die in den einschlägigen Kreisen (auch im Internet!) gut ausfallen soll. Sicher setzen solche Künstler weiterhin nicht auf die Major-Labels bzw. die alte Musikindustrie mit Ihren primär kommerziellen Interessen. Leider können die aktuellen Manager nicht mal kommerzielle Eigeninteressen richtig ausfüllen.
Urheber, Künstler, Autoren und andere Rechteinhaber dürfen weiter frei darüber entscheiden, ob, wie und wo ihre Werke und Produkte verwendet werden dürfen. Sie können zwar weiterhin nicht alles unter Kontrolle halten, sollen dafür aber nun ergänzende Einnahmen aus der Kulturflatrate erhalten. Im Internet befindliche Kulturgüter können nach dem Willen der Urheber, Künstler, Autoren und Rechteinhaber weiter frei von gesetzlichen Regeln vermarktet werden, unterliegen im Falle der fehlenden Einwilligung aber einer Kulturflatrate. Ob und was ergänzend oder befreiend dazu erworben werden kann, entscheidet der Rechteinhaber weiter ganz allein. Es entsteht ein viel größerer und flexiblerer Verteilungskuchen und die bisherige Enteignung der Rechteinhaber wird mit zukunftsfähigen Preismodellen stärker unterfüttert.
Gerade die Musikindustrie hat sich mit Ihrem Einheitsbrei und Ihrem Preiskartell von rund 1 € pro Download nicht um die Musikkultur verdient gemacht. Die Lobbyarbeit hat zwar das internationale Urheberrecht ständig zu Lasten der Konsumenten verändert, nicht aber harmonisiert oder Grundprobleme gelöst. Die Musikindustrie hat Künstler im Vertriebserfolg behindert, so dass diese zunehmend selbst in die Direktvermarktung per Internet gehen. Nicht die Industrie, sondern die Kreativen haben kulturelle Vielfalt hervorgebracht, die heute zum Teil keine Hörer kennt, weil das effiziente Verbreitungsmodell mit/ohne kommerziellen Interesse fehlte. Das wird sich mit der Kulturflatrate ändern. Kein Künstler ist aufgefordert, für seinen Content Geld zu verlangen, durchsetzen und kontrollieren kann er es mit Kulturflatrate aber wesentlich besser.
Die Musikindustrie bietet selbst Flatrates an, wirft gesellschaftlichen Gruppen, die dieses Prinzip weiter fördern wollen, aber vor, die Kultur zu verstaatlichen, geistiges Eigentum zu entwerten, Kreative zu schädigen und Kultur zu verflachen. Wenn der Teufel von der Sünde spricht ;-) glaub ihm nicht!