Thema: Wie lange wird es die Audio CD noch geben?
Meiner Einschätzung nach bleibt die Audio-CD mindestens noch 5 Jahre zuverlässig im Markt. Die Gründe dafür sind vielfältig. Die Marktdurchdringung und Attraktivität der CD hält sich seit Jahren auf hohem Niveau und das durch wirklich alle Preissegmente.
Wenn die Musikindustrie also über Umsatzeinbussen klagt, dann liegt das eher an anderen Ursachen:
* Die Zahl der Neuerscheinungen zB im umsatzstarken Klassikbereich ist stark rückläufig.
* Die Preise für die CDs sind dem stagnierendem und auch sinkendem Realeinkommen nicht angepasst worden, die Arbeitslosigkeit die nominal bei sicher 7-8 Millionen gegenüber 3-4 Millionen Anfang der 90er liegt tut ihr Übriges.
* Die meisten LP-Archive sind mittlerweile durch CD-Archive ersetzt.
* Die umgelegten Kosten für die Entwicklung von Kopierschutz-Technologien und das extrem teure Marketing Mainstream-Alben Marke "Herbert Grönemeyer - Mensch" ließ die Produkte durch Mischkalkulationen schnell verteuern, trotz der vergleichsweise geringen Inflation der letzten Jahre und der vernachläßigbar geringen Produktionskosten für den Datenträger. Das nahezu zeitgleich erschiene Album von "M. M.-Westernhagen" ging z.B. als Rekord-Flop in die deutsche Musikgeschichte ein, schuld waren diesmal aber nicht die Filesharer, sondern die Verantwortlichen.
Der Absatz leidet natürlich auch unter den sehr ärgerlichen "Abspielschutz"-Bemühungen der Industrie (Vgl.: UN-CD). DRM (Digitales Restriktions Management) bei Web-Musikshops sorgt für weitere Ärgernisse. In Großbritannien beispielsweise gibt es diesen Unfug nicht mehr und dennoch ging keines der Label in Konkurs. Außerdem konkurriert die Audio-CD mit ihrem Systemnachfolger DVD, der steigende Verkaufszahlen verzeichnet. Hier werden aber keine neuen Wachstumsmärkte erschlossen, sondern hier finden Umverteilungen im Markt statt. Die Konsumenten überlegen sich vorher ob sie sich eine Video/Musik-DVD eines Künstlers oder die CD kaufen. Seltsamerweise werden Rekordzuwächse im DVD-Segment in gewohnter Selbstbeweihräucherung gefeiert und die vermeintlichen Verluste im traditionellen CD-Segment dem Filesharing in die Schuhe geschoben. Entgangene Gewinne kann man aber nun schlecht beziffern, weil nicht davon ausgegangen werden kann, daß sich jemand das heruntergeladene Album auch gekauft hätte.
Eine größere Gerätekompatibilität gab es bei keinem bisherigen Tonträger. Die CD läßt sich zusätzlich noch auf fast ausnahmslos allen DVD-Playern und Computern abspielen. Die meisten derzeit verkauften Player sind Hybriden; DVD, DVD-A, CD, CD-R, DVD-R, lassen sich einwandfrei abspielen. Abwärtskompatibilität oder besser Rückwärtskompatibilität zur eigenen Audio-CD Sammlung ist also gewährleistet.
Erst in den letzten 5 Jahren sind die CD-R Brenner in der Mehrzahl der Privathaushalte angekommen. Auf lange Sicht wird erstmal keiner den Komfort missen wollen, den das simple Kopieren und neuarangieren auf CD-R bietet. Die gebrannte CD-R ersetzt damit die auch mobil abspielbare MC (Musikkassette). Die Migration ist aber auch noch nicht abgeschlossen. Hier wird noch fleißig in Geräte investiert, deren Lebensdauer man mit 4-5 Jahren ansetzen kann. Jede Altersgruppe und Einkommensschicht kann heute ohne großes Vorwissen unschlagbar preiswert eine CD brennen. Selbst ein Kopierschutz ist nach kurzer Einarbeitung zu bewältigen. DVD-Brennen dagegen ist noch nicht standardisiert, unausgereift, wenig kompatibel, fehleranfällig und weit davon weg etabliert zu sein. Computerbasierter Umgang mit den Unterhaltungsmedien erweitert ebenfalls immens die Möglichkeiten. Alles zusammen ergibt Nutzungsmöglichkeiten, die vorher in dieser Form nicht da waren, zumal die Hybridgeräte sprich DVD/CD-Kombis ja inzwischen als Abspielgeräte den Großteil des verkauften Materials ausmachen, bis hinunter zum Autoradio und mobilen DVD/CD/mp3-Walkman. In den meisten Haushalten ist heute eher ein guter Computer und eine preiswerte Anlage vorhanden, als hochwertige SACD oder DVD-A HiFi-Geräte.
Der Marktanteil der SACD und DVD-A dürfte die nächsten Jahre weiterhin klein bleiben. Der "eingebaute Kopierschutz" der sich durch das völlig andere System der Speicherung ergibt, verhindert wachsendes Interesse. Mehrkanal-Anlagen sind auch noch nicht wirklich preiswert verfügbar. Die geringe Auswahl bei qualitativ hochwertiger DVD-Rippsoftware (größtenteils englisch) und systembedingte Inkompatibilitäten bleiben wohl auch noch eine Weile erhalten. Für SACD existieren noch keine Computerlaufwerke, der Preis für SACD ist aktuell indiskutabel.
Die breite Masse legt sich für alleinige HQ-Audio-Wiedergabe kein teures Equipment zu. Das Interesse geht eher in Richtung DVD-Video und darüber werden die Hybriden und mehrkanalfähigen Geräte verkauft. Somit wird uns die gewohnte "2 Kanal"-AudioCD noch ne ganze Weile in der gewohnten Form begleiten.
Anmerkung:
Dieser Artikel war ehemals Teil des einführenden Artikels Audiokompression - Qualitätsdefinitionen und planbare Kompromisse"