Re: Multiformat-Hörtest bei 128 kbps auf Hydrogenaudio
Was die Codecs inzwischen zu leisten imstande sind, ist zweifelsohne beeindruckend. Alle liegen gleichrangig über einer Bewertung von 4.5 (5 = transparent, 4 = Unterschied erkennbar, nicht unangenehm), in vielen Fällen war es den Testern garnicht erst möglich die komprimierten Dateien herauszuhören, was bei Personen aus dem Hydrogenaudio-Umfeld bemerkenswert ist.
Das sehe ich genauso, insbesondere wenn man daran denkt, daß die 128 kbps-Bitraten (VBR) heute nur noch im Bereich portabler Geräte eine Rolle spielen.
Ohne sich zu weit aus dem Fenster zu lehnen, kann man wohl davon ausgehen, dass sich das in vielen Onlineshops populäre WMA-Format, dessen Professional-Variante hier getestet und für gut befunden wurde, abgeschlagen hinter den hier getesteten Codecs positionieren würde, hat es doch seit dem letzten Hörtest im Mai 2004 keine Weiterentwicklung erfahren. Gerade im Marketingbereich aber auch zunehmend bei der Kundschaft öfter zitierte Behauptungen, es wäre besser als MP3, kann man damit weiterhin getrost aus dem Wind schlagen.
Diese Leute eines Besseren zu belehren ist ohnehin schwierig genug, da die meisten den Unterschied zwischen WMA Standard und der WMA Pro-Variante nicht kennen. Vergleiche dem Halbwissen aus der MS-Werbung entstammen oder Zeitschriften entnommen wurden. Den meisten fehlen doch schon die Grundkenntnisse über Audiokompression, die mittlerweile nicht nur wir verbreiten, sondern nach langen Jahren endlich auch Seiten wie Chip-Online zur Kenntniss nehmen, wie sie übrigens auch von FlicFlac und anderen in HiFi-Foren publiziert werden. Mal abgesehen davon, daß es für WMA Pro überhaupt keine Hardwareunterstützung gibt, die Geräte also auf WMA Standard angewiesen sind, sodass sie mit dem "besseren" der beiden Encoder gar nichts auf ihren Portis anfangen können. Entsprechend bleibt ihnen wenn sie die Ergebnisse dieses Tests für sich nutzen wollen meist nur LAME.
Vermutlich wird man zukünftig eher noch mit Leuten rumdiskutieren müssen, die obigen Tests nur halb gelesen habe, die Unterschiede der WMA-Formate nur unzureichend kennen, daß sie glauben das gute Abschneiden von WMA gelte für alles was mit WMA zu tun hat. Wir können ja nicht davon ausgehen, daß sie die Einstellungen selbst vergleichen und dabei bemerken, daß ihre WMA Pro-Dateien sich auf ihren DAC nicht abspielen lassen, WMA Pro also ein reines PC-Format ist.
Schön finde ich hingegen, daß wir keinen unserer Artikel umschreiben müssen und weitgehend immer die richtigen Vorgehensweisen empfohlen haben, es also nun "offizielle" Wurscht ist, ob man iTunes-AAC oder LAME auf einem Porti (iPod) benutzt. So jedenfalls interpretiere ich die Ergebnisse.
Was ich allerdings vermisse ist die Teilnahme des Windows ACM-mp3 Codec außer Konkurrenz zu Vergleichszwecken, da auch er sehr populär im 128er Feld.
Gute Qualität kann man dagegen dem iTunes Music Store attestieren.
Kann man das? Soweit ich weiß, werden die Titel doch in einem Freeform-AAC-Format bei Apple angeliefert und ins m4p-Format transcodiert. Das Märchen, daß der ITMS selber CDs noch selber rippt oder sogar mitunter Zugang zu anderen/besseren Master bekommt, hatte ich immer schon für ein Märchen oder eine Marketingfloskel gehalten. Ist aber eine andere "Baustelle".
Was mir etwas Sorgen bereitet, ist der Nero-AAC-Encoder. Zum wiederholten Male muss man sich als potentiell interessierter Nutzer Aussagen anhören, diejenigen die regelmäßig Hydrogenaudio verfolgen werden das bestätigen können, nach denen die getestete Version leider einen Bug hatte, dass die eigentliche Qualität damit nur besser sein könne als das jetzige Resultat, dass die Version zu alt war, dass es mit den nächsten Versionen besser werden würde und so weiter.
Dies ist der einzige Punkt an dem ich meine Aussagen zu AAC ändern muss, also den iTunes AAC-Encoder empfehlen werde. Wobei ich den ja eigentlich nie empfohlen habe, weil ich bislang nie einen spürbaren technisch bedingten "Update-Zwang" erkennen konnte, außer vielleicht um den iTunes-mp3-Encoder zu umgehen oder weil man die Chapter-Tools oder m4b (bookmarkable) für den iPod erstellen möchte.
Spielt das ganze Thema Formatwahl und Qualitätsdiskussionen überhaupt noch eine wichtige Rolle, oder sind die hier vorgestellten Lösungen für die Anwendungszwecke verlustbehafteter Codecs mittlerweile ohnehin alle gut genug, einen modernen Encoder und VBR vorausgesetzt?
Für mich nicht mehr, nicht weil ich einen großen Artikel (58) darüber geschrieben habe, sondern weil ich diese nur wenig anpassen muss. Das Einzige was ich beim Thema "Formatwahl" noch stärker hervorheben werde ist das man mit allen vorgestellten und aktuellen Encodern mittlerweile das gleiche Qualitätsniveau bekommt, vorrausgesetzt man beachtet (haben wir auch immer drauf hingewiesen) die Wahl der Encoderversion und geeigneter Presets.
Schön auch, daß man jetzt auf die Behauptung Lossy höre sich (immer) schlecht an, diese entkräften kann, indem man darauf hinweist, daß der Benutzer vermutlich "etwas falsch gemacht hat", wenn er abweichenden Empfehlungen folgt, falsche Encoder benutzt oder die Presets falsch kombiniert/auswählt. Denn wie man sieht kann man mit allen aktuellen Versionen bei Beachtung einiger Spielregeln, bereits ab den getesteten Bitraten "hohe Qualität" erwarten.
Glückwünsche gebühren Sebastian Mares für die erfolgreiche Organisation.
Dem schließe ich mich an,
Vielen Dank Sebastian für die geleistete Arbeit.
persönliche Note an dieser Stelle
Es ist schon seltsam, daß man dieses Qualitätsniveau erst nach etwa 10 Jahren erreicht, die 128 kbps Empfehlung also erst nach so langer Zeit zutreffend ist. Bezeichnend vor allem, daß die frei populären FhG-Encoder zum heutigen Zeitpunkt überhaupt nicht mehr weiterentwickelt werden, vermutlich auch nie obiges Niveau erreichen würden (Spekulation).
Hervorhebenswert zum heutigen Zeitpunkt vor allem, daß in diesem "egalitäten Testfeld" hier zwei Open Source-Codecs (LAME und Vorbis) zwei kommerziellen Codecs (Microsoft und Apple) auf dem selben Qualitätsniveau gegenüberstehen.
Was mich in Zukunft vorallem interessiert, ist, ob die gleiche Qualität, die Codecs bei ~128kbit/s heute erreichen, in Zukunft vielleicht schon mit z.B. 100-110kbit/s erreichen. Weitere Qualitätssteigerungen bei ~128kbit/s halte ich dagegen für garnichtmehr so wichtig, da ich mit der derzeitigen Qualität (zumindest unterwegs) sowieso zufrieden bin und zu Hause sowieso nurnoch auf lossless setze.
Davon kann man ausgehen, vorrausgesetzt die jeweiligen Projekte/Anbieter sind Willens weitere zeitaufwendige Optimierungsarbeit (Hörtests) in die Weiterentwicklung zu investieren. Bei mp3 jedenfalls hieß es immer, daß dieses Format überhaupt gar nicht so weit entwickelt werden könne, also zum aktuell von LAME erreichten Stand. Jedenfalls war das die offizielle Version derer, die AAC in den Markt schieben wollten.
Das hier etwas nicht stimmt und seit Jahren LAME und AAC nahezu gleichauf liegen und keinerlei spürbarer Updatezwang vorliegt, sollte doch für viele eine Überraschung sein, mal ganz abgesehen von den Problemen die Ahead Nero-Entwickler haben ihre AAC-Encoder überhaupt in die Reihe zu kriegen, auf die angekündigten Meilensteine aus dem Hause Nero bin ich jedefalls gespannt. Bisher habe ich nichts gesehen, wovor andere Anbieter Angst bekommen müßten.
Scheinbar sind auch AAC-Entwicklern Grenzen gesetzt, jedenfalls in klanglicher Hinsicht. Ohne die Hörtests der HA-Community jedenfalls wären LAME und Vorbis nie dort wo es jetzt angekommen ist. Dieser engagiert und kostenlos arbeitende Background scheint den Nero-Entwicklern zu fehlen. Jedenfalls spricht vieles dafür im Bereich Lossy in regelmäßigen Abständen solche Multiformat-Tests durchzuführen.
Gruss