Thema: mp3 zerstört Kunst?
Angeregt durch einen Thread in einem Musikforum, hier ein Beitrag meinerseits zum "Verfall der Werte", der Kunst an sich und der Verflachung der Kultur-(Wirtschaft). Auch hab ich mich mit den anstehenden Diskussionen um die weitergehende Umgestaltung des Urheberrechts zugunsten von Rechteinhabern einige Gedanken gemacht, insbesondere die Stellen, wo sie uns alle einmal betreffen könnten.
Mag sein, dass die kommerzielle Kultur sonderbare Blüten treibt, aber über den üblichen Kommerz hinaus, gibt es doch auch noch solche Dinge wie die Netlabels und Alternativen zu den Shops, die sich insbesondere um den "Nachwuchs" und "neue Musik" kümmern. Auch mit Schenken Leihen Tauschen kann man sich preiswert über Musik informieren, über die genannten Angebote hinaus gibt es natürlich noch weitere Zirkel, die sich nicht immer nur mit dem Kauf einer Musikalie beschäftigen. Das Ganze geschieht natürlich neben der gewinnorientierten Vertriebsweise. Das Medium mp3 (oder besser die Audiokompression) ist also nicht schuld, wie manche behaupten, wenn die musikalische Welt einflussärmer wird und scheinbar für manche Beobachter "verflacht". Wer also nur das kommerzielle an der Kultur wahrnimmt, weil sie eben lauter schreit und bunter tönt, der sieht nur einen Teil des großen Ganzen.
Schaut man nämlich hinter die kommerziellen bunten bonbonfarbenen Zirkus-Scheinwelten der Werbung, die die Mayors erhalten, aufgeteilt und monopolisiert wissen wollen, so existiert dort ein durchaus attraktives "Alternativ-Universum" im Netz, in dem sogar Künstler existieren können die mittlerweile von Spenden besser leben als von ihren Verträgen bei den Musik-Konzernen. Es kann ja auch nicht wirklich angehen, dass man von 99 Cent und mehr (fast schon Klingelton-Preis) pro Einzel-Titel nicht leben könnte.
Vorraussetzung dafür ist natürlich, dass man über einen Breitband-Netz-Zugang und etwas Zeit verfügt, was in bestimmten Altersgruppen nicht unbedingt vorausgesetzt werden kann, wie Studien über die Mediennutzung in bestimmten Altersgruppen zeigen. Auch Fremdsprachenkenntnisse sind durchaus von Vorteil, wenn man diese "Alternativ-Universen" abseits der bereits gewohnten, erlebten und ausgetretenen Pfade erforschen möchte. Der Audiokompression an sich jedenfalls ist es egal, ob man sie für Distributionszwecke und Portables benutzt, oder für den Tausch von Musik im Kreise der Familie. Dies Interessenkonflikte sorgt sicherlich für Uneinigkeit, wie der Druck auf die Urheberrechts-Gesetzgebung zeigt. Das nötigende Verhalten einiger Kulturtreibender, Organisationen und der Musikkonzerne samt deren Rechtsabteilungen aber, ist für jeden Dialogwilligen eine kaum zu überschreitende Barriere, die Diskussionen zB um die Kulturflatrate abblockt.
Es ist schon erschreckend, dass man wenn es um Kultur und Kunst geht, heute nur die Konzerne Macht ausüben und mitreden dürfen, nicht mehr aber die Künstler selbst, oder wir die Konsumenten. Über die Kriminalisierungsstrategien der Rechteverwerter gegenüber Filesharing und der Mitbewerber im Ausland kann man auch geteilter Meinung sein, wenn sie nur dazu dient Unliebsames aus dem Weg zu räumen um die Gesamtprofite trotz geringerer Investitonen zu heben oder zu halten.
Bekanntlich wird nämlich immer die soziale Funktion von Filesharing vergessen, nämlich; Filesharing ist seit Jahren Teil der Jugendkultur, man tauscht sich über Musik aus, ohne sie unbedingt zu kaufen zumal das Budget Jüngerer ein weitaus Geringeres ist, als in den Generationen der 30+ 40+ 50+.
Was den Tausch betrifft, so denke ich sollte der immer straffrei sein, in anderen Ländern (zB Kanada) leben die Musik-Konzerne auch noch und die Künstler ebenso. Die Illegalität jedenfalls ist eine Erfindung einer auf der Verdrängung von Konkurrenz ausgerichteten Kommerzielaisierung und Popkultur, die zudem nur etwas kriminalisiert, was wir mit unserem Kassetten- und Tonbändertauschen auch getan haben. Diese Kriminalisierung geschieht m.E. in dem Wissen, dass dadurch die Profite steigen, trotz des flachen Angebotes und der zu hohen Preise.
Im Prinzip ist es also wieder mal der Kommerz oder allenthalben die kurzlebige Popkultur (der Junk), die man für eine Verflachung der erlebten und wahrgenommenen "Kunst" verantwortlich machen kann. Manche sehen vor lauter audiovisuellem Spam auch nicht mehr die Alternativen, denn niemand von uns braucht die Kopiersperren und das Ditale Restrictions Management (DRM), auf die Künstler, Kunst und die Kultur jedoch möchte niemand verzichten verzichten.
Immer wieder stellt sich aber naturbedingt auch die Frage, "Was ist Kunst überhaupt" (also im beobachteten Zusammenhang) und liegt es nicht am Beobachter selbst, wenn er Neuausrichtungen von Kunst nicht mitbekommt, nur weil er sie nicht erwartungsgemäß in den bekannten Erlebnissphären vorfindet. Darüberhinaus war es schon immer das Vorrecht derer, die bereits länger auf der Welt leben, sich darüber zu beklagen, alles wäre früher schöner und toller gewesen und auch weniger *flach*. Ob man es glaubt ist aber auch immer schon eine Entscheidung des Einzelnen gewesen.
Fakt ist aber: Es gibt auf der Welt mehr Musik zu hören und zu erleben, als ein Menschenleben Zeit dafür lässt, das Internet, die Audiokompression und Mp3 jedenfalls sind durchaus geeignet Zeit zu sparen für die Wege zu neuen Einflüssen, die dann wieder für den Genuss und das erleben frei wird. In jedem Falle behindern sie bei der Neuorientierung in der Medien-Nutzung aller Altersgruppen per se keinen, eher im Gegenteil. Wenn sich also jemand aus Vorurteilen heraus selbst der Möglichkeiten beraubt, die Suche nach neuen Einflüssen per Internet mit kürzeren und neuen Wegen zu erledigen, so ist das seine Sache, da kann ihm dann keiner bei helfen.
In diesem Sinne hoffe ich, dass irgendwann einmal sich die Kreativen mit den Finaziers, also den Konsumenten selbst auf kürzestem Wege "kurzschließen" und die Rechteverwerter in ihre Schranken als Distributeure und transportierendes Gewerbe verwiesen werden. Gut leben kann man davon sicherlich auch, nur eben nicht in Saus und Braus, wo wie es die jetzigen Profiteure tun, die die Marktgesetze über die Urheberechtsgesetzgebung aushebeln. Unter dem durch die Monopole verzerrtem Preisgefüge leiden ja nicht nur die Künstler selbst, die sich sicher auch eine bessere Entlohnung wünschen würden, sondern auch wir Verbraucher. Durch diese Verzerrungen wird das Filesharing überhaupt erst gefördert oder zu einem störenden Faktor.
In jedem Falle bringen kurze Antwortzeiten und ungefilterte Dialoge zwischen den Kreativen als Kulturschaffende und den Konsumenten als Bezahlende sicherlich mehr Artenvielfalt und Kunst zustande, das Ganze auch öffentlicher und präsenter in der Medienwelt. Dummerweise steht uns beim Finden solcher direkten Dialoge aber noch die moderne Medienwelt im Wege, die ebenfalls fest in der Hand derselben Konzerne ist, die die "kleinen Künstler" ungerecht entlohnen.
Überhaupt gibt es in dem ganzen Themenspektrum zahlreiche berichtenswerte auffällige Verzerrungen, zB die GEMA, eine "Zwangsinteressengemeinschaft" der Künstler, die aber gerade bei den kleinen und mittelständischen Künstlern (also der Mehrzahl der Mitglieder) auf heftige Kritik stößt. Eine Organisation die sich m.E. in ihrer 100jährien Geschichte mittlerweile sehr stark von ihrer eigentlichen Aufgabe wegbewegt hat. Von der GVU, RIAA und der IFPI und ihren öffentlichem Verhalten mal ganz abgesehen.
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