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Beiträge [ 11 ]



1 bearbeitet von Lego (Original: 2006-05-22 21:56)

Thema: mp3 zerstört Kunst?

Angeregt durch einen Thread in einem Musikforum, hier ein Beitrag meinerseits zum "Verfall der Werte", der Kunst an sich und der Verflachung der Kultur-(Wirtschaft). Auch hab ich mich mit den anstehenden Diskussionen um die weitergehende Umgestaltung des Urheberrechts zugunsten von Rechteinhabern einige Gedanken gemacht, insbesondere die Stellen, wo sie uns alle einmal betreffen könnten.

Mag sein, dass die kommerzielle Kultur sonderbare Blüten treibt, aber über den üblichen Kommerz hinaus, gibt es doch auch noch solche Dinge wie die Netlabels und Alternativen zu den Shops, die sich insbesondere um den "Nachwuchs" und "neue Musik" kümmern. Auch mit Schenken Leihen Tauschen kann man sich preiswert über Musik informieren, über die genannten Angebote hinaus gibt es natürlich noch weitere Zirkel, die sich nicht immer nur mit dem Kauf einer Musikalie beschäftigen. Das Ganze geschieht natürlich neben der gewinnorientierten Vertriebsweise. Das Medium mp3 (oder besser die Audiokompression) ist also nicht schuld, wie manche behaupten, wenn die musikalische Welt einflussärmer wird und scheinbar für manche Beobachter "verflacht". Wer also nur das kommerzielle an der Kultur wahrnimmt, weil sie eben lauter schreit und bunter tönt, der sieht nur einen Teil des großen Ganzen.

Schaut man nämlich hinter die kommerziellen bunten bonbonfarbenen Zirkus-Scheinwelten der Werbung, die die Mayors erhalten, aufgeteilt und monopolisiert wissen wollen, so existiert dort ein durchaus attraktives "Alternativ-Universum" im Netz, in dem sogar Künstler existieren können die mittlerweile von Spenden besser leben als von ihren Verträgen bei den Musik-Konzernen. Es kann ja auch nicht wirklich angehen, dass man von 99 Cent und mehr (fast schon Klingelton-Preis) pro Einzel-Titel nicht leben könnte.

Vorraussetzung dafür ist natürlich, dass man über einen Breitband-Netz-Zugang und etwas Zeit verfügt, was in bestimmten Altersgruppen nicht unbedingt vorausgesetzt werden kann, wie Studien über die Mediennutzung in bestimmten Altersgruppen zeigen. Auch Fremdsprachenkenntnisse sind durchaus von Vorteil, wenn man diese "Alternativ-Universen" abseits der bereits gewohnten, erlebten und ausgetretenen Pfade erforschen möchte. Der Audiokompression an sich jedenfalls ist es egal, ob man sie für Distributionszwecke und Portables benutzt, oder für den Tausch von Musik im Kreise der Familie. Dies Interessenkonflikte sorgt sicherlich für Uneinigkeit, wie der Druck auf die Urheberrechts-Gesetzgebung zeigt. Das nötigende Verhalten einiger Kulturtreibender, Organisationen und der Musikkonzerne samt deren Rechtsabteilungen aber, ist für jeden Dialogwilligen eine kaum zu überschreitende Barriere, die Diskussionen zB um die Kulturflatrate abblockt.

Es ist schon erschreckend, dass man wenn es um Kultur und Kunst geht, heute nur die Konzerne Macht ausüben und mitreden dürfen, nicht mehr aber die Künstler selbst, oder wir die Konsumenten. Über die Kriminalisierungsstrategien der Rechteverwerter gegenüber Filesharing und der Mitbewerber im Ausland kann man auch geteilter Meinung sein, wenn sie nur dazu dient Unliebsames aus dem Weg zu räumen um die Gesamtprofite trotz geringerer Investitonen zu heben oder zu halten. 

Bekanntlich wird nämlich immer die soziale Funktion von Filesharing vergessen, nämlich; Filesharing ist seit Jahren Teil der Jugendkultur, man tauscht sich über Musik aus, ohne sie unbedingt zu kaufen zumal das Budget Jüngerer ein weitaus Geringeres ist, als in den Generationen der 30+ 40+ 50+.

Was den Tausch betrifft, so denke ich sollte der immer straffrei sein, in anderen Ländern (zB Kanada) leben die Musik-Konzerne auch noch und die Künstler ebenso. Die Illegalität jedenfalls ist eine Erfindung einer auf der Verdrängung von Konkurrenz ausgerichteten Kommerzielaisierung und Popkultur, die zudem nur etwas kriminalisiert, was wir mit unserem Kassetten- und Tonbändertauschen auch getan haben. Diese Kriminalisierung geschieht m.E. in dem Wissen, dass dadurch die Profite steigen, trotz des flachen Angebotes und der zu hohen Preise.

Im Prinzip ist es also wieder mal der Kommerz oder allenthalben die kurzlebige Popkultur (der Junk), die man für eine Verflachung der erlebten und wahrgenommenen "Kunst" verantwortlich machen kann. Manche sehen vor lauter audiovisuellem Spam auch nicht mehr die Alternativen, denn niemand von uns braucht die Kopiersperren und das Ditale Restrictions Management (DRM), auf die Künstler, Kunst und die Kultur jedoch möchte niemand verzichten verzichten.

Immer wieder stellt sich aber naturbedingt auch die Frage, "Was ist Kunst überhaupt" (also im beobachteten Zusammenhang) und liegt es nicht am Beobachter selbst, wenn er Neuausrichtungen von Kunst nicht mitbekommt, nur weil er sie nicht erwartungsgemäß in den bekannten Erlebnissphären vorfindet. Darüberhinaus war es schon immer das Vorrecht derer, die bereits länger auf der Welt leben, sich darüber zu beklagen, alles wäre früher schöner und toller gewesen und auch weniger *flach*. Ob man es glaubt ist aber auch immer schon eine Entscheidung des Einzelnen gewesen.   

Fakt ist aber: Es gibt auf der Welt mehr Musik zu hören und zu erleben, als ein Menschenleben Zeit dafür lässt, das Internet, die Audiokompression und Mp3 jedenfalls sind durchaus geeignet Zeit zu sparen für die Wege zu neuen Einflüssen, die dann wieder für den Genuss und das erleben frei wird. In jedem Falle behindern sie bei der Neuorientierung in der Medien-Nutzung aller Altersgruppen per se keinen, eher im Gegenteil. Wenn sich also jemand aus Vorurteilen heraus selbst der Möglichkeiten beraubt, die Suche nach neuen Einflüssen per Internet mit kürzeren und neuen Wegen zu erledigen, so ist das seine Sache, da kann ihm dann keiner bei helfen.

In diesem Sinne hoffe ich, dass irgendwann einmal sich die Kreativen mit den Finaziers, also den Konsumenten selbst auf kürzestem Wege "kurzschließen" und die Rechteverwerter in ihre Schranken als Distributeure und transportierendes Gewerbe verwiesen werden. Gut leben kann man davon sicherlich auch, nur eben nicht in Saus und Braus, wo wie es die jetzigen Profiteure tun, die die Marktgesetze über die Urheberechtsgesetzgebung aushebeln. Unter dem durch die Monopole verzerrtem Preisgefüge leiden ja nicht nur die Künstler selbst, die sich sicher auch eine bessere Entlohnung wünschen würden, sondern auch wir Verbraucher. Durch diese Verzerrungen wird das Filesharing überhaupt erst gefördert oder zu einem störenden Faktor.

In jedem Falle bringen kurze Antwortzeiten und ungefilterte Dialoge zwischen den Kreativen als Kulturschaffende und den Konsumenten als Bezahlende sicherlich mehr  Artenvielfalt und Kunst zustande, das Ganze auch öffentlicher und präsenter in der Medienwelt. Dummerweise steht uns beim Finden solcher direkten Dialoge aber noch die moderne Medienwelt im Wege, die ebenfalls fest in der Hand derselben Konzerne ist, die die "kleinen Künstler" ungerecht entlohnen.

Überhaupt gibt es in dem ganzen Themenspektrum zahlreiche berichtenswerte auffällige Verzerrungen, zB die GEMA, eine "Zwangsinteressengemeinschaft" der Künstler, die aber gerade bei den kleinen und mittelständischen Künstlern (also der Mehrzahl der Mitglieder) auf heftige Kritik stößt. Eine Organisation die sich m.E. in ihrer 100jährien Geschichte mittlerweile sehr stark von ihrer eigentlichen Aufgabe wegbewegt hat. Von der GVU, RIAA und der IFPI und ihren öffentlichem Verhalten mal ganz abgesehen. 

Mehr dazu in Kürze.

Hier gehts zum [url=http://www.playauditorium.com/]Auditorium[/url] ...

2 bearbeitet von Sebert (Original: 2006-05-23 12:32)

Re: mp3 zerstört Kunst?

Lego,22.05.2006, 21:56 schrieb:

Überhaupt gibt es in dem ganzen Themenspektrum zahlreiche berichtenswerte auffällige Verzerrungen, zB die GEMA, eine "Zwangsinteressengemeinschaft" der Künstler, die aber gerade bei den kleinen und mittelständischen Künstlern (also der Mehrzahl der Mitglieder) auf heftige Kritik stößt. Eine Organisation die sich m.E. in ihrer 100jährien Geschichte mittlerweile sehr stark von ihrer eigentlichen Aufgabe wegbewegt hat. Von der GVU, RIAA und der IFPI und ihren öffentlichem Verhalten mal ganz abgesehen. 

Besonders die Gema, die ja von der Basisaufgabe und Idee her etwas positives ist, stellt sich nichtkommerziellen Ansinnen in den Weg. Wenn man Cds veröffentlicht macht es Sinn GEMA Mitglied zu sein, wenn man aber zusätzlich noch kostenlose Musik anbieten will (zBsp Liveversionen, Stücke die für die CD nicht gut genug waren) so muß man pro Download (an die GEMA) zahlen....
Für Bands ist gerade das Internet und mit ihm die Audiokompression eine Revolution was Präsentationplattform angeht, aber anscheinend ist von der GEMA eine Coexistenz von altem und neuem nicht vorgesehen !

Brot für die Welt! - Aber die Wurst bleibt [b]hier[/b] !

Re: mp3 zerstört Kunst?

Hallo Zusammen,

Lego,22.05.2006, 21:56 schrieb:

Angeregt durch einen Thread in einem Musikforum, hier ein Beitrag meinerseits zum "Verfall der Werte", der Kunst an sich und der Verflachung der Kultur-(Wirtschaft). Auch hab ich mich mit den anstehenden Diskussionen um die weitergehende Umgestaltung des Urheberrechts zugunsten von Rechteinhabern einige Gedanken gemacht, insbesondere die Stellen, wo sie uns alle einmal betreffen könnten.

Dann zunächst einmal einen schönen Gruß aus dem erwähnten Musikforum!  :)

Zu dem angesprochenen Thema haben wir in dem entsprechenden Thread (siehe Link oben) ziemlich kontovers diskutiert. Ich für meinen Teil bin der Ansicht, dass ein Medium kaum in der Lage sein dürfte, die Kunst an sich zu zerstören. Auch für die vielgescholtene Verflachung dürfte kaum das MP3 verantwortlich sein. Gerade die von Lego erwähnten Nischen im Internet beweisen sehr eindrucksvoll das Gegenteil. In dieser Richtung werden wir sicher in den nächsten Tagen noch bei uns weiterdiskutieren-> vor allem die im Beitrag von Lego verlinkten Suchplattformen wollen in Ruhe durchstöbert sein...  :)

Viele Grüße
Wolfgang

4 bearbeitet von Etienne (Original: 2006-05-28 15:34)

Re: mp3 zerstört Kunst?

Hallo

Es gibt ja im Netz einige solcher Berichte. Des weiteren gibt es ähnlich geartete Diskussionen über Wertezerfall und ähnliches. Die Diskussion "digital = bäh" geht letztlich in die gleiche Richtung. MMn ist dies meist nur eine Form des "Widerstandes gegen Neuerungen". Die Motivationen dazu sind äußerst vielfältig.

Was mir immer wieder auffällt ist dass das - Psychologie lässt grüssen - in den meisten Fällen nur vorgeschoben ist, resp. dass die Gründe anderswo, sprich tiefer, liegen. Meist liegt es daran, dass neue Nutzer-, Anwender- und Konsumverhalten möglich werden, welche vieles Althergebrachte in Frage stellen, alte Ansichten, Verhaltensweisen, Denkweisen sowie Paradigmen hinterfragen und damit letztlich gefährden, ganz neue Produktgruppen ermöglichen, erfordern und dergleichen. MP3 ist hier ein Paradebeispiel - und wird gerade deswegen so häufig kritisiert - weil es nicht mehr dem alten Hifi-Paradigma der angeblich ewig möglichen und sinnvollen Verbesserungen folgt, sondern in eine gänzlich andere Richtung geht. Das muss für viele ein Sakrileg sein.
Da man gegen rechnerbasierte Musikwiedergabe und neue Formate nicht viel an Argumenten anzubieten hat, kommen halt Totschläger zum Einsatz. Ob "MP3 zerstört Kunst", "Kulturverfall", "MP3 macht müde" oder ähnlicher Unsinn ist dabei egal, denn die dahinterliegende Motivation ist die gleiche, gleich durchschaubar. Auch der plumpe Versuch einiger, MP3 mit "illegal" zu assoziieren und damit zu diskreditieren, geht in die gleiche Richtung.

Einige Beispiele:

1.) Mein Vater z.B. argumentiert im Zusammenhang mit Mobiltelefonen - die er gar nicht mag, obwohl er im Auto eines für Notfälle hat - immer mit den Kosten und zwar in einer Art und Weise, dass es auffällt, dass dies nur vorgeschoben ist. Das sei zu teuer, die Leute würden telefonieren anstelle zu denken, die jungen Leute hätten zwar Geld dafür aber nicht für anderes, sprich Sinnvolleres, es sei Abzockerei dass beim Roaming teils auch der angerufene bezahlen müsse etc. Was ihm aber letztlich nicht gefällt, ist das neue Nutzungsverhalten. Er ist mit dem wired-phone gross geworden. Dabei ist es nicht der Fehler des Handys, dass man mehr telefoniert als denkt, sondern der des Anwenders. Aber über eine neue Technik lässt sich einfacher schimpfen als über den Anwender. Die Technik ist ein wehrloser Gegner.

2.) Im Altgeräteforum opponiert ein User ebenfalls stark gegen die "neuen" (GSM) Handys, gegen die Telecom und auch ganz allgemein gegen neue Technik. Eine Diskussion mit ihm hat dann gezeigt, dass er früher ein analoges Handy hatte, dann aber durch die Abschaltung des alten analogen Netzes mit dem neuen "zwangsbeglückt" worden ist. In seiner Region war aber die Netz-Abdeckung mit dem alten aber besser als mit dem neuen. Ergo: "Alt war gut und ich war zufrieden damit, neu ist schlecht und es kam gegen meinen Willen, ich oppuniere gegen die neue Technik, ich fühle mich bevormundet und gegängelt". Das führt dann zu Aussagen wie "die Dinger sind so klein, die verliert man so leicht, das war früher besser" und dergleichen.

3.) Ich habe schon in mehreren Foren Audioserver, Musikwiedergabe ab PC etc. empfohlen. Gegen die Gerätegattung Audio-Server gibt es große Vorbehalte. Geht man der Sache auf den Grund, stellt man fest, dass sich die meisten nicht von ihren Datenträgern und den damit verbundenen Ritualen lösen können. Eine Blackbox oder dergleichen ist ihnen suspekt, die Technik unverständlich. Wissen über alte Geräte ist nicht mehr nötig, dafür Wissen über eine neue Gattung, das man nicht hat. Das führt zu Unsicherheit. Also opponiert man dagegen. Die Argumente sind bekannt.

4.) Dergleichen gilt - ist dir ja nur zur Genüge bekannt - auch für die rechnerbasierte Musikwiedergabe. Auch hier gibt es sehr viele Vorbehalte, wobei die meisten einer kritischen Überprüfung nicht standhalten. Als Vorwand schiebt man hier den hässlichen beigen 1000-€-Krachmacher-PC mit AC97 aus dem Aldi vor und vergleicht mit teuren Hifi-Geräten. Dass es auch so gut wie lautlose, elegante Rechner mit guter Soundkarte gibt, negiert man völlig.


Dazu kommt nun noch der Aspekt, dass man sich genau vor Augen halten soll, in welcher Publikation solche Artikel und Aussagen gemacht werden:

- Dass eine Publikation, welche sich für "Musikkultur" und den damit verbundenen Geräte- und Medienkult und -fetisch stark macht, die Entwicklung - hier stellvertreten durch MP3 - bekämpfen muss, steht für mich außer Frage.

- Dass eine Publikation, welche jahrelang über den PC gelästert hat, diesen im Interesse der eigenen Glaubwürdigkeit (obwohl davon meist nicht mehr viel übrig geblieben ist) nun nicht plötzlich für den Rechner als beste Quelle stark machen kann, steht für mich ebenfalls außer Frage.

- Dazu kommt noch, dass die Presse das Sommerlich kennt und man für das Geld des Konsumenten das schreibt, was er hören will. So einfach ist das.

Gruß

5 bearbeitet von Lego (Original: 2006-05-28 17:52)

Re: mp3 zerstört Kunst?

Was mir bei solchen Diskussionen auffällt ist:

Es fällt in bestimmten Scenen auf, daß sich dort eigentlich nur die Unzufriedenen negativ über die "Computerisierung der Abspielgeräte" äußern, oder Menschen die in irgendeiner Form direkt oder indirekt Geld damit verdienen, daß sie althergebrachtes verkaufen, sammeln oder pflegen. Entsprechend dienen bestimmte Scheinargumente wohl nur dazu, den Sammelwert für einige Dinge zu heben, die man gern verkaufen möchte. Ein Teil des von FlicFlac angesprochenen "Geräte-Kults" kommt sicher daher. 

Die Zufriedenen, die die neue Technik in ihre häusliche Medienwelt oder gar ein Home-Theater erfolgreich integriert haben und es vielleicht sogar im Geräte-Mix auch im portablen Bereich (Auto, Porti, Download, Handy...) tun, äußern sich viel zu wenig oder bleiben gegenüber denjenigen die "dagegen aussprechen" auffallend leise oder ruhig.

Übrigens spricht nichts dagegen *Altes mit Neuem zu vereinen*, also einen HIFI-PC neben einem Tapedeck/Tonbandgerät oder einem DigitalRadio-Receiver stehen zu haben und alle als Quelle für die Stereo-Anlage zu nutzen.

Mir fällt nur auf, daß in vielen Beschreibungen derjenigen die über "Audiokompression zerstört die Kunst" reden, nicht klar genug wird, wie denn die Kunst überhaupt gestört werden kann, wenn doch alle diese Geräte nichts anderes tun, als nur Musik abzuspielen. Die Frage ob man nun unbedingt lieber die Musik in Schellack, MC, MD, CD oder per Röhrenradio mag spielt doch kaum eine Rolle, denn all diese Abspielgeräte und die benutzten Medien sind nur Transportvehikel für die Inhalte selbst, also Musik/Ton/Bild.

Ob man nun lieber etwas zum Anfassen hat, oder man sich die Musik gern bequem per Lossless-Download oder Amazon besorgt, spielt für die eigentliche "Zerstörungsfrage" keine Rolle, sieht man mal Gewohnheiten und Ritualen wie dem Auflegen einer LP/Tonbandes ab, oder dem wöchentlich Gang zum CD-oder Plattenladen.

Ich gehe immer davon aus, daß wenn sich Leute aus einer sog. "Experten-Position" heraus negativ zur Computerisierung der Medienwelt äußern, daß sie in irgendeiner Form bei Veränderungen etwas zu verlieren haben, oder etwas zugewinnen, wenn alles so bleibt wie es ist. Selbstverständlich kann man auch den Verlust von Gesprächspartnern für seltene Hobby dazuzählen, wenn der Altgeräte-Boom auf Tonbandmaschinen und Edel-HIFI bei Ebay erst mal vorbei ist. Wobei es natürlich eine tolle Sache ist, wenn man damals teures Gerät heute für LAU kaufen kann, allerdings hat das wenig damit zu zun, daß die Kunst zerstört wird, oder grundsätzlich etwas mit den neuen Abspielgeräten nicht stimmt.

Selbstverständlich ist es kaum von Nutzen, wenn man irgendwelches teure HIFI-Zeugs mit einem lauten Spiele-PC vergleicht, oder sich darüber beklagt, daß ein PC unendlich komplizierter zu bedienen sei als ein Vinyl-Player, aber auch diese sinnlosen Vergleiche haben nichts mit der *Zerstörungsfrage* zu tun.

Im Grunde bringt es eigentlich auch nichts sich immer nur über die Leute auszutauschen, die ein vorgeschobenes generelles Problem haben.

"mp3 zerstört Kunst" oder die schlimme "Digitalisierung" jedenfalls halte ich für eine reichlich verquere Aussage, die nur wenig in der Realität verwurzelt ist und vorgeschoben wird um ganz anderen Zielen zu dienen. Mitunter schließen einige Scenen ja auch die eigene Theorienwelt kurz, wenn sie die digitale Sony-MD quasi "analogisieren" und in die eigenen Reservate mitaufnehmen. Solche Dinge sind immer sehr aufschlussreich um zu erkennen welche Motivation bestimmte Gruppen oder deren Sprecher haben. Allerdings sind Subkulturen, die eine Ideologie benötigen um sich erfolgreich abzugrenzen und selbst wichtiger zu machen, keine Erfindung irgendeiner HIFI-Scene oder von Zeitschriften.

Hier gehts zum [url=http://www.playauditorium.com/]Auditorium[/url] ...

6 bearbeitet von Lego (Original: 2006-05-28 21:55)

Re: mp3 zerstört Kunst?

Hallo Lego

Was mir bei solchen Diskussionen auffällt ist:

Es fällt in bestimmten Scenen auf, daß sich dort eigentlich nur die Unzufriedenen negativ über die "Computerisierung der Abspielgeräte" äußern, oder Menschen die in irgendeiner Form direkt oder indirekt Geld damit verdienen, daß sie althergebrachtes verkaufen, sammeln oder pflegen. Entsprechend dienen bestimmte Scheinargumente wohl nur dazu, den Sammelwert für einige Dinge zu heben, die man gern verkaufen möchte. Ein Teil des von FlicFlac angesprochenen "Geräte-Kults" kommt sicher daher.

Richtig, in ein oder zwei einschlägigen Audio-Foren sind "Sammler", "Nostalgiker" als auch "Bewahrer" in der Mehrheit, mit dem entsprechenden Approach und der damit verbundenen fehlenden Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Medien. Mir war es deshalb wichtig, diesen Aspekt dieses Publikums, resp. dessen Motivation für solche Aussagen und Ansichten aufzuzeigen. (Über Behauptungen der MI, durch MP3 und Raubkopiererei Geld zu verlieren, wurde schon genügend diskutiert.) Deine Signatur im Hifi-Forum passt ebenfalls wunderbar dazu. Es ist doch auffällig, dass die negativen Aussagen über MP3 und Konsorten meist von solchen kommen, die nicht einmal in der Lage sind, solche Files anständig zu erstellen. Konkrete Erfahrung damit haben diese doch äusserst selten vorzuweisen, Kentnisse über die Funktionsweise ebensowenig. Nachplappern, was jemand vorsingt und darüber zu lästern, hingegen ist einfach, bequem und ungefährlich. Diese Tatsache spricht doch Bände.

Die Zufriedenen, die die neue Technik in ihre häusliche Medienwelt oder gar ein Home-Theater erfolgreich integriert haben und es vielleicht sogar im Geräte-Mix auch im portablen Bereich (Auto, Porti, Download, Handy...) tun, äußern sich viel zu wenig oder bleiben gegenüber denjenigen die "dagegen aussprechen" auffallend leise oder ruhig.

Ich gehe noch einen Schritt weiter, da wir ja bereits beim Argument des "Bewahrens" und "Sammelns" sind: Es erinnert mich an die Aussagen derjenigen die behaupten, die LP klinge besser. 95 % haben sich für die CD entschieden und sind damit glücklich. So falsch kann ihre Wahl demzufolge nicht sein. Die anderen 5 % hingegen sind nun in der Minderheit. Minderheiten treten häufig aggressiv bis militant auf, um ihrem Anliegen Gehör zu verschaffen, währenddem die Mehrheit meist träge schweigt - wie von dir erwähnt. Die Militanz, mit welcher althergebrachte Technik hochgehalten und über Neues gelästert wird, sollte uns demzufolge nicht darüber hinwegtäuschen, dass dies eine Minderheit ist und bleibt und dass die Mehrheit aufgeschlossener ist als man bei der Lektüre dieser Foren glauben möchte. Dass sich in den entsprechenden Foren die erwähnten Minderheiten zusammenfinden und zusammenrotten um sich Luft zu verschaffen, liegt ebenfalls in der Natur der Sache. Lebenserfahrung und Medienkompetenz helfen, solche nicht allzu ernst zu nehmen.

Übrigens spricht nichts dagegen *Altes mit Neuem zu vereinen*, also einen HIFI-PC neben einem Tapedeck/Tonbandgerät oder einem DigitalRadio-Receiver stehen zu haben und alle als Quelle für die Stereo-Anlage zu nutzen.

Ich betreibe solches schon länger. Ausser LP und Laserdisc habe resp. hatte ich die meisten gängigen analogen als auch digitalen Systeme friedlich nebeneinander im Einsatz.

[ironie] Nur machst du mit deiner Aussage den Fehler anzunehmen, dass die anderen wie du pragmatisch veranlagt sind, währenddem die meisten dieser "Bewahrer" tatsächlich jedoch eher dogmatisch veranlagt sind. Da ist dein Ansinnen des Verbindens ein Sakrileg [/ironie]

Mir fällt nur auf, daß in vielen Beschreibungen derjenigen die über "Audiokompression zerstört die Kunst" reden, nicht klar genug wird, wie denn die Kunst überhaupt gestört werden kann, wenn doch alle diese Geräte nichts anderes tun, als nur Musik abzuspielen. Die Frage ob man nun unbedingt lieber die Musik in Schellack, MC, MD, CD oder per Röhrenradio mag spielt doch kaum eine Rolle, denn all diese Abspielgeräte und die benutzten Medien sind nur Transportvehikel für die Inhalte selbst, also Musik/Ton/Bild.

Richtig, das ist die oben erwähnte dogmatische Komponente. Vielen geht es nicht um die Musik, sondern um ihren Medien- und Gerätekult, der mit irgendwelchen quasi abstrakten Formaten sinnentlehrt wird. Vorwände und Schutzbehauptungen. MP3 als quasi omnipräsentes Beispiel moderner Technik wird pauschal als minderwertig verunglimpft, als billige Gebrauchsmusik gebrandmarkt, es wird die Tauglichkeit zu hochwertigem Hifi abgesprochen und es wird zudem munter darüber gelästert.

Wie soll man denn Musik resp. Kultur zerstören, wenn man sie aktiv konsumiert? Die Gleichung "1 Download = 1 nicht verkaufte CD => Verlust Betrag X" ist so alt wie falsch.

(...) Ich gehe immer davon aus, daß wenn sich Leute aus einer sog. "Experten-Position" heraus negativ zur Computerisierung der Medienwelt äußern, daß sie in irgendeiner Form bei Veränderungen etwas zu verlieren haben, oder etwas zugewinnen, wenn alles so bleibt wie es ist.

Du hast solches vor längerer Zeit treffend mit "Verlierer der Digitalisierung" bezeichnet. Ich habe ähnliches in einer Diskussion zum Thema LP vor einiger Zeit geäussert. Stell dir vor, wir schrieben das Jahr 1983. Du nennst einen sehr hochwertigen und über Jahre liebevoll optimierten und getunten Plattenspieler mit Periferie mit einer sehr gepflegten Sammlung von 2000 LPs dein Eigen. Du kennst deine Hardware und deine Software sehr gut und hast dir auf diesem Gebiet über 25 Jahre der Sammlerei viel Kompetenz in beidem erworben. Nun, wie wie siehst du das Erscheinen der CD? Wäre es nicht allzu menschlich, dies als Bedrohung zu sehen?

Einerseits weil es jetzt plötzlich heisst, die CD sei technisch das bessere Medium, der billigste CD-Player habe bessere Werte als dein Laufwerk, die Alben würden nun rausch- und knackfrei auf CD erscheinen. Dazu kommt, dass du von der Technik der CD keine Ahnung hast. Wärst du nicht allzu schnell bereit, die beliebten Bildchen mit der "groben" Auflösung, der "Treppenbildung" der CD als Vorwand zu nehmen, diese "zerhackende" und "zerstückelnde" pauschal Technik abzulehnen? Genauso verhält es sich doch heute mit MP3. Letztlich sind hier wie dort viele Abwehrmechanismen im Spiel.

(...) Im Grunde bringt es eigentlich auch nichts sich immer nur über die Leute auszutauschen, die ein vorgeschobenes generelles Problem haben.

Genau.

"mp3 zerstört Kunst" oder die schlimme "Digitalisierung" jedenfalls halte ich für eine reichlich verquere Aussage, die nur wenig in der Realität verwurzelt ist und vorgeschoben wird um ganz anderen Zielen zu dienen. Mitunter schließen einige Scenen ja auch die eigene Theorienwelt kurz, wenn sie die digitale Sony-MD quasi "analogisieren" und in die eigenen Reservate mitaufnehmen. Solche Dinge sind immer sehr aufschlussreich um zu erkennen welche Motivation bestimmte Gruppen oder deren Sprecher haben. Allerdings sind Subkulturen, die eine Ideologie benötigen um sich erfolgreich abzugrenzen und selbst wichtiger zu machen, keine Erfindung irgendeiner HIFI-Scene oder von Zeitschriften.

Das sehe ich ebenso. MP3 als Beispiel für neue Technik muss als Prügelknabe für allerhand diffuse Motive und Abwehrhaltungen herhalten. Die anfänglichen Probleme betr. Qualität und Legalität, die negative Berichterstattung in Lach- und Flachpresse sowie die Behauptung '128 kbps = CD-Qualität' machen Kritik am Format nur allzu leicht.

Eine kleine Annektote noch:
Ganz lustig diesbezüglich auch immer wieder der Vergleich mit DCC und MD: Diese beiden klassischen Hifi-Medien hatten zwar ebenfalls schwer mit Vorurteilen (und teils auch technischen Problemen, die ersten Generationen von ATRAC waren nicht ausgereift) zu kämpfen, konnten sich aber dann dank entsprechenden (Werbe-)Beiträgen, Blindtests! und hochwertiger Gerätschaft jedoch als klanglich hochwertig etablieren. Es gibt zwar nach wie vor Fundamentalopposition gegen datenreduzierte Medien, doch diese ist bedeutend schwächer als noch zu Zeiten deren Einführung. Interessant ist nun, dass MP3 als technisch gleichwertiges oder eher hochwertigeres Medium aber als Underdog und Sprössling und Emporkömmling aus dem PC-Segment ohne Hifi-Ahnentafel und ohne Major mit Werbebudget mit massivsten Akzeptanz- und Imageproblemen zu kämpfen hatte und noch immer hat. Vergleichbar ist es mit DVB und DAB. DAB wird von vielen als vorgeschobene Schutzbehauptung für den Erhalt von UKW abgelehnt. Mitunter wird auch das "veraltete Format" kritisiert. MP2 ist alt, keine Frage. Amüsant wird dann die ganze Argumentation, wenn im gleichen Posting DVB-S als "über alle Zweifel erhaben" und "mindestens gleichwertig mit UKW" beschrieben wird. Die Tatsache, dass DAB und DVB das gleiche Format verwenden, scheint den wenigsten bekannt zu sein. Erwähnte ich in diesem Zusammenhang bereits deine Signatur im HF?

Gruss

7 bearbeitet von DAU (Original: 2006-05-28 22:22)

Re: mp3 zerstört Kunst?

Richtig, in ein oder zwei einschlägigen Audio-Foren sind "Sammler", "Nostalgiker" als auch "Bewahrer" in der Mehrheit, mit dem entsprechenden Approach und der damit verbundenen fehlenden Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Medien.

Von meiner Seite aus gibt es gegen das "Bewahrende" auch keinesfalls etwas zu sagen, wenn die Beiträge sich in einem Rahmen abspielen, bei der spürbar wird, daß es den Verfassern klar ist, daß es in allen Bereichen darum hochwertiges Abspielgerät mit hochwertigem Computer-Equipment zu vergleichen. Immerhin handelt es sich bei den Geräten allesamt um die Vorfahren der heutigen Computer-Wiedergabegeräte, teilweise werden in Audio-Karten einige analoge wie digitale Schaltungen in Abwandlungen immer noch so verbaut, wie sie auch bei HIFI üblich waren.

Gegen das Bewahren alter Technik an sich gibt es auch keinesfalls etwas zu sagen, zumal wenn es sich um ästhetische oder attraktive Technik handelt. Der Kult oder Hype findet ja getrennt davon statt, oder spiegelt sich nur in den Preisen auf Auktionsplattformen oder Im SecondHand ab. Der Kult ist ja nur Instrument dafür den finanziellen Wert für einiges künstlich in die Höhe zu treiben. Vom Hype getrennt ist vieles schon weniger angenehm, ein simples Beispiel wären die Tonband-Preise für eine Minute Aufnahmezeit oder die Ersatzteilversorgung. Da wird das Bewahrende sicher schnell zu einem "StellDichEin" von Leuten die auch über die entsprechendden Geldmittel verfügen (müssen) und sich eben auch mal elitärer geben, im Sinne "Man gönnt sich sonst nichts".       

Dem Computer ist es auch meist ohnehin egal, er findet mit oder ohne Adapter allenthalben Anschluss, sowohl als Quelle wie auch als Aufzeichnungsgerät, auch das Erzeugen von Medien für HIFI ist möglich. Nicht ohne Grund verkompliziert diese Zahl der Möglichkeiten die Bedienung, was zurecht zusätzlich zu den Defiziten der Betriebsysteme die Bedienung eines Computers für Nachzügler erschweren kann und wohl auch Grund für einige Ressentiments ist.

Die Millitanz einiger die solche Schutzbehauptungen aufstellen interessiert mich dabei aber eigentlich gar nicht, vielen Lesern (selbst in diesen Foren) denke ich mal wird klar sein, daß dies nur überzogene Ansichten sind, die keinesfalls mit der heutigen Realität in Einklang stehen müssen. Sowas kann man mE auch einfach überlesen. Nicht alles was weltweit in Foren/Newsgroup verzapft wird, ist es wert immer von allen Seiten kommerntiert zu werden, da schließe ich sogar mal einen geringen Teil meiner eigenen Posts ein. Auf den ersten und zweiten Blick vermeintlich "millitant" liest sich auch vieles was in Auto- oder anderen Marken-Foren so zusammengeschrieben wird. Auch hier geht es dann um so etwas wie einer Art Markentreue, die alle Beteiligten erst zu einer Gruppe machen, eine entsprechende Ideologie wäre deshalb nicht Ungewöhnliches. Welche Millitanz vorgeschobene Ideologien entwicklen wird deutlich wenn man sich verdeutlicht wie weit Flame-Wars um Betriebsysteme gehen können, bis hin zu Beleidigungen usw. Auch das Analoge ist sicher geeignet in eine Marke überführt zu werden, alles Teil einer Verkaufspsychologie, die jetzt aber ihre neue Rollen an ihre Protagonisten verteilen muss, damit Inszenierung (Werbung, Marketing) wider Erwarten doch noch klappt, obwohl die Umsätze eingebrochen sind. So gesehen sind die Schutzbehauptungen natürlich geeignet die Existenzsicherung einiger zu gewährleisten. 

Ich denke mal den Themenkomplex "Schutzbehauptung" hätten wir isoliert, er bedarf keiner Erörterung mehr, aber haben wir nur damit allein schon die Aussage "mp3 zerstört Kunst?" entkräftet?

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Re: mp3 zerstört Kunst?

Hallo Lego

Noch ein Nachtrag zum "Bewahren":

Von meiner Seite aus gibt es gegen das "Bewahrende" auch keinesfalls etwas zu sagen, wenn die Beiträge sich in einem Rahmen abspielen, bei der spürbar wird, daß es den Verfassern klar ist, (...)

Genau hier sehe ich die Krux. Grundsätzlich ist gegen das Bewahren, das Erhalten nichts einzuwenden, da sind wir einer Meinung. Das Problem sehe ich jedoch im "dass es den Verfassern klar ist..." Ich habe in diesem Thread mehrfach mit "Abwehrhaltung", "Angst vor Neuem", "Bekanntem vs. Unbekanntem" etc. argumentiert, da ich hier die Ursachen für vieles orte. Meist machen wir den Fehler, Ursachen technischer Natur zu vermuten, während diese - wie in den meisten Konflikten - tiefer liegen und ganz andere Ursprünge haben. Deshalb sind die ganzen Diskussionen LP vs. CD, analog vs. digital etc. eigentlich sinnlos, weil die Ursachen tiefer liegen. Ich habe in verschiedenen Diskussion festgestellt, dass es vielen "Bewahrern" äussert schwer fällt,  "ihre" Technik kritisch zu sehen, weil sie dies als Gefahr sehen: "Wie kann ich etwas gut finden und etwas anderem vorziehen, wo das andere doch technisch besser ist?" Meist herrscht eine einseitige, eindimensionale Denkweise à la "gefällt mir, ist also gut, muss zwangsläufig gut sein, darauf lass ich nichts Schlechtes kommen" vor. Damit ist häufig ein Abwehrreflex gegen kritische Aussagen verbunden. Hinzu kommt, dass jeder mit einer Technologie gewisse Erinnerungen verbindet. Ganz gut ersichtlich z.B. an den Tape-Deck-Diskussionen im HF. All das zusammen macht es für viele anscheindend äusserst schwierig, ihr Handeln als eigentlich irrationales und unvernünftiges Hobby und Sammeln alter Geräte zu sehen.

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Ich denke mal den Themenkomplex "Schutzbehauptung" hätten wir isoliert, er bedarf keiner Erörterung mehr, aber haben wir nur damit allein schon die Aussage "mp3 zerstört Kunst?" entkräftet?

Ja, ich denke schon. Andererseits noch ein paar andere Gedanken, zwar nicht nur über MP3 und Kunst, aber ich denke es passt trotzdem zur Diskussion:

Die Musikindustrie fürchtete die Musikkassette, versuche die CD-R so lange wie möglich zu verhindern resp. herauszuzögern und behauptete, dies wäre ihr Untergang. DVD-A und vorallem SACD wurden auch mit dem Hintergedanken der stark erschwerten resp. faktisch unmöglichen Kopierbarkeit entwickelt. Es liegt in der Natur der Sache, dass die MI das "Kopiermonopol" auf ihrer Seite haben möchte. Trotzdem, von Untergang der MI und Zerstörung der Kunst kann keine Rede sein. Die MI verdient immer noch viel Geld und die angeblichen Probleme hängen mit gesättigten Märkten, zu hohen Preisen, zu schlechter Qualität und schlicht falscher Strategie zusammen. Kopien nutzt man als Vorwand. Genauso das Geläster über MP3.

Heute wissen wir, dass die Kopiererei zwar einerseits gewisse Einflüsse auf Umsatz/Absatz hat,  andererseits aber diesen auch wieder stimuliert. So hört man häufig das Argument, würde ein runtergeladenes Lied oder eine kopierte CD gefallen, würde man sich dann wegen des Booklets doch noch das Original kaufen. Ich sehe mit MP3 und der Möglichkeit, praktisch jeden Track vor Kauf probehören zu können, eher die Hemmschwelle sinken, die Medien zu kaufen. Was ich von der Argumentation "1 Kopie = 1 nicht gekaufte CD" halte, ist bekannt.

Weiteres Beispiel dazu: Microsoft beklagt zwar öffentlichkeitswirksam und mit grossem Gejammer die Kopiererei seiner Software und angeblich damit verbundene Umsatzeinbussen. Zuverlässigere, resp. sinnvoll funktionierende (Anm: sinnvoll ist hier in Bezug auf das Funktionieren gemeint, nicht auf den Kopierschutz allgemein) Kopierschutzmechanismen wurden jedoch noch nie verwendet. Weshalb denn nicht? Der Grund ist einfach: Microsoft ist durch Schwarzkopien gross geworden. Je nach Land sind 10, 20, 50 oder gar 80 % der verwendete Micorsoft-Software Kopien. Sicherlich entgeht dadurch ein gewisser Gewinn, auf der anderen Seite wäre dann aber der Marktanteil bedeutend kleiner, denn die "Gratissoftware" war ein Motor für dessen schnelle Verbreitung. Wie jeder Macuser und Linuxuser weiss, ist die Verbreitung eines Betriebssystem, dessen critical mass der allesentscheidende Faktor, ob Software, Treiber und dergleichen dafür entwickelt werden. Des weiteren führt eine grössere Verbreitung auch mehr Wettbewerb und zu tieferen Preisen.

Zurück zur Musik: Die Demokratisierung der Musik durch MP3 u.ä. Formate wurde ebenfalls bereits geschrieben, sodass ich darauf verzichte, darauf einzugehen.

In Kurzform: Ich halte die These der "Zerstörung der Kunst" in keiner Art und Weise haltbar. MP3 hat im Gegenteil zu einer Demokratisierung der Kunst geführt.

Gruss

9

Re: mp3 zerstört Kunst?

dennoch hat mp3 doch unbestritten zu einer weitgehenden 'verwertlosung' von Musikinhalten geführt oder nicht? Sicher gab es seit eh und je Trash und Müll aber seit MP3 geht die Mentalität vom Platten/CD-Kaufen weg... Es gehen also durchaus auch Dinge verloren!

Trotzdem hat mp3 natürlich auch zu einer ungemeinen Bereicherung geführt, wie ja bereits erwähnt wurde wären Netaudio oder auch andere Dinge wie Nerdcore nie so gewachsen ohne Kompressionsformate a 'la mp3. Auch tolle Promomöglichkeiten wie Mixed-Tape oder Promotracks auf Künstlerwebseiten würde es wohl nicht so zahlreich geben da wav eben doch sehr unhandlich ist.

OT: Außerdem wage ich jetzt mal eine kühne Behauptung: Ohne Mp3 wäre das Internet nicht so weit wie es heute ist denn (illegale) Musikdownloads stellten und stellen einen großen Teil des Traffics dar. Der wird bezahlt und Kunden wollen bekanntlich immer mehr also mehr Speed etc. Techniken wie DSL verlangen wir meiner Meinung nach (zumindest die breite Verbreitung) Mp3!

10 bearbeitet von Lego (Original: 2006-06-12 16:20)

Re: mp3 zerstört Kunst?

Anselm,12.06.2006, 05:12 schrieb:

dennoch hat mp3 doch unbestritten zu einer weitgehenden 'verwertlosung' von Musikinhalten geführt oder nicht? Sicher gab es seit eh und je Trash und Müll aber seit MP3 geht die Mentalität vom Platten/CD-Kaufen weg... Es gehen also durchaus auch Dinge verloren!

Warum sollte man das nur MP3 anlasten, denn es sind sind seit vielen Jahren einige weitere Quellen und Alternativen zum CD-Kauf hinzugekommen.
* In den 90ern die "Blüte der CD-Verleihe"
* Webradio
* Tausch von CDs/DVD
* SAT-Radio
* SecondHand-Markt
*  ....

Im Prinzip gibts mittlerweile ein "Überangebot" an hochwertigen Musikquellen und im Gegensatz zu früher auch ein "Überangebot" an preiswerten Kopier- bzw Mitschneide-Möglichkeiten, bis hin zum CD-Brenner, dem Festplattenrecorder oder der MD.

Darüberhinaus gehts wirtschaftlich seit den 90ern abwärts, die Realeinkommen der unseren Einkommensschichten sinken, entsprechend verändern sich auch das Konsumverhalten. Darüberhinaus shlagen auch demografische Entwicklungen durch, mW sind die "geburtenstarken Jahrgänge" durch und in der "geburtenschwachen Jugendkultur" konkurriert der Konsum von Musik mit DVD und anderen Entertainment-Produkten, zB Computerspielen, Musik-Download, Spielekonsolen, Handy-Telefonie und  andere Freizeitaktiitäten, die zu einer Diversifizierung des Konsumverhalten abseits der Musikkäufe geführt haben. Die Frage die sich stellt ist auch folgende, warum sollte man Musik auf CD kaufen, die man ohnehin in der Heavy Rotation über TV und Radio jede Minute hören (und notfalls auch per PC mitschneiden) kann.

Hier gehts zum [url=http://www.playauditorium.com/]Auditorium[/url] ...

11 bearbeitet von Etienne (Original: 2006-06-13 22:09)

Re: mp3 zerstört Kunst?

Hallo Anselm

Anselm,12.06.2006, 06:12 schrieb:

dennoch hat mp3 doch unbestritten zu einer weitgehenden 'verwertlosung' von Musikinhalten geführt oder nicht? Sicher gab es seit eh und je Trash und Müll aber seit MP3 geht die Mentalität vom Platten/CD-Kaufen weg... Es gehen also durchaus auch Dinge verloren!

Eine Sache hat den Wert, den wir ihr zumessen. Wenn du der Ansicht bist, dass Musik - die ohne erkennbare, direkte Kosten zu bekommen ist - wertlos ist, dann ist das schade - aber nur für dich - denn es zeigt, dass du die Musik nicht ihren imateriellen sondern ihres materiellen Wertes wegen (gering-)schätzt.

Gruss

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